8. Februar 2024
Künstliche Intelligenz im Praxistest für die Bau- und Immobilienbranche
Isabelle Pryce
Beraterin, IEU Kommunikation AG
UNSER SCHAFFEN

Was bringt Künstliche Intelligenz für die Nachhaltigkeit der Baubranche? Das Interesse an dieser Frage war ausserordentlich gross, als Alar Jost von beyondBIM und Bauen digital Schweiz / buildingSMART Switzerland dazu im Swissbau Focus & Lab 2024 vor vollen Rängen seine Erfahrungen präsentierte. Im Herbst 2023 verfassten er und weitere Vertreter:innen der Branche mit Unterstützung von KI-Experten und der IEU ein gemeinsames Whitepaper zu genau dieser Frage.

Die Baubranche verursacht einen erheblichen Anteil der Kohlenstoffemissionen und des Abfalls. Deshalb stehen die Dekarbonisierung, eine möglichst nahtlose Kreislaufwirtschaft und grösstmögliche Energieeffizienz ganz oben auf Agenda der Branche. Angesichts der rasanten Fortschritte im Bereich generative KI haben Alar Jost und seine Co-Autor:innen untersucht, wie generative KI die nachhaltige Entwicklung der Branche vorantreiben kann. 

KI im Bau, Do. 18. Januar 2024, Swissbau Focus 2024, Veranstalter: Swiss Engineering STV

KI soll Antworten liefern – in natürlicher Sprache und als einsetzbarer Code

Konkret verwendeten die Autor:innen das Tool ChatGPT, um dieser Frage nachzugehen. Dabei fokussierten sie sich in einem ersten Workshop auf die Kommunikation in natürlicher Sprache: Was sagt ChatGPT dazu, wie die Nachhaltigkeitsziele – unter anderem mit Hilfe von KI – erreicht werden können? Ein zweiter Workshop zielte auf den Übergang von natürlicher zu maschinenlesbarer Sprache: ChatGPT sollte einen einsetzbaren Code liefern, also Text in Programmiersprache. 

Digitalisierung und Interoperabilität von Daten ist entscheidend

Für die Umsetzung der Klimaziele spielt die Digitalisierung eine entscheidende Rolle. Nehmen wir das Beispiel Kreislaufwirtschaft: Nur wenn genaue Daten zu allen verwendeten Teilen vorhanden sind, können diese beim Rückbau wieder sinnvoll in den Kreislauf eingespeist und wiederverwendet werden. Wenn also interoperables Building Information Modeling (BIM) ein zentrales Element zur Erreichung von Nachhaltigkeit ist – davon sind die Autoren überzeugt und das meinte auch ChatGPT –, dann muss es in Zukunft möglich sein, dass Daten in den meisten Prozessen und Systemen nahtlos interagieren und kommunizieren.

Die Digitalisierung ist aber für die Baubranche auch besonders herausfordernd: Die Komplexität und Fragmentierung der Bauindustrie erschweren deren Bemühungen, eine interoperable Digitalisierung zu erreichen. Zudem sind nicht alle Player gleich bereit, in die neuen Technologien zu investieren. Entsprechend disparat ist der Stand beim Wandel hin zu einer Industrie 4.0. 

KI reduziert die Komplexität 

Genau bei der Reduktion von Komplexität birgt KI grosses Potential. Sie hat eine immense Datenmenge zur Verfügung oder kann spezifisch mit Wissen trainiert und mit Daten gefüttert werden, um diese rasch zu analysieren. So kann generative KI zum Beispiel auf strategischer und operativer Ebene zu einem effektiven Werkzeug werden, um datenbasierte Entscheidungen zu treffen. 

KI ist (noch) kein Projektmanager

Während ChatGPT den Autor:innen inhaltlich detaillierte, qualitativ hoch stehende Feedbacks gab, beispielsweise zur Wechselwirkung von Mensch, Prozessen und Maschineneinsatz oder auch konkrete Vorschläge dazu brachte, wie die Datenaufbereitung funktionieren könnte, versagte das generative KI-Tool bei der Transferleistung in eine zeitlich sinnvolle Roadmap.

Die wichtigsten Tipps im Umgang mit generativer KI

Grundsätzlich gilt, dass die durch KI generierten Resultate nur so gut sein können, wie die Eingaben der Nutzer. Es lohnt sich also, die Eingabe gut vorzubereiten und diese Vorgaben zu erfüllen:

  • Eine Struktur vorgeben
  • informativer, umfassender Kontext bieten
  • korrekt, eindeutig und präszise formulieren
  • Antworten validieren und mit Nachfragen vertiefen

Eingabe-Technik “Tree-of-Thought-Promting” hilft bei komplexen Aufgaben

Programmieren ist immer eine komplexe Aufgabe. Deshalb lernten die Autor:innen an ihrem zweiten Workshop die Methode des Tree-of-Thought-Promting. Dabei wird eine komplexe Aufgabe in verschiedene Schritte unterteilt. So werden verschiedene Lösungs- oder Argumentationspfade angefordert, die das KI-Tool gleich selbst bewertet, um die nächsten Schritte im Entscheidungsbaum zu bestimmen. Dabei können gewisse Schritte auch mehrfach wiederholt werden, um die Qualität des Endresultats zu verbessern. Diese Eingabe-Technik verbessert die Problemlösungsfähigkeit von grossen Sprachmodellen wie ChatGPT enorm. 

Gemeinsam mit KI vorwärtskommen

Die Automobilbranche hat es vorgemacht: Sie hat ihre eigenen operationalen Systeme mit dem der Mobilfunktechnologie verbunden. Grundsätzlich sollte dies in der Baubranche auch möglich sein. Die Technologien, die sie digital unterstützen, gibt es bereits. Jetzt gilt es, gemeinsam die verschiedenen Systeme operational zu verbinden. Dann kann die Baubranche generative KI nicht nur bei Fragen zu Zielen und Strategien nutzen. Generative KI wird die Branche in die Lage versetzen, Codes zu generieren, um gesammelte Daten rasch und sinnvoll auszuwerten.

ChatGPT’s Vorschläge für mehr Nachhaltigkeit:

  • Wirtschaftsmodelle: Setzen Sie auf innovative Wirtschaftsmodelle, die nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale und ökologische Faktoren berücksichtigen.
  • Datenkomplexität: Verfolgen Sie einen zweistufigen Ansatz, um die Datenkomplexität zu bewältigen. Der erste Level enthält als Basis alle notwendigen Informationen, die von den relevanten Softwaresystemen für die Planung, den Bau und den Betrieb eines Gebäudes gesammelt oder gespeichert werden, während der zweite Level die Informationen aus der Basisebene filtert, verarbeitet und in einem vereinfachten und umsetzbaren Format präsentiert, das auf die Bedürfnisse einer bestimmten Aufgabe, wie z.B. der Energieoptimierung von Gebäuden, zugeschnitten ist.
  • Interaktion und Kommunikation: Eine offene Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen beteiligten Rollen und den Anbietern von Softwaresystemen sichert das richtige Mass an Informationsaustausch. Entwickeln Sie nutzerzentrierte Tools, die eine nahtlose Zusammenarbeit zwischen Menschen und Maschinen ermöglichen.
  • Ganzheitlicher Ansatz: Berücksichtigen Sie das Zusammenspiel von Menschen, Prozessen, Systemen und Life Cycle Data Management (LCDM).
  • Simulation: Nutzen Sie Simulationen. Sie sind das Instrument zur Designoptimierung, Risikominderung und Prozessverbesserung. Ein umfassendes Datenmodell für den Lebenszyklus von Gebäuden wird die Entscheidungsfindung plausibilisieren und erleichtern.
  • Interoperabilität: Priorisieren Sie Systemkompatibilität und kontinuierliche Optimierung im Projektbetrieb mit offenen Datenstandards.
  • Datenmodelle: Nutzen Sie umfassende Datenmodelle für den Lebenszyklus von Gebäuden, um bessere Entscheidungen zu treffen und Ressourcen besser zuzuordnen.
  • Anpassungsfähigkeit: Bereiten Sie sich auf neue Technologien und Trends vor.


Quelle: Whitepaper «How Can Generative AI Lead the Building, Construction and Real Estate Industry Toward a More Sustainable Future?» von beyondBIM, ETH Zürich, Hi>next, IEU, Royal Haskoning DHV 

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